7. Bayerische Nachhaltigkeitstagung "Nachhaltigkeit in Zeiten knapper Kassen"

Würzburg

Teaserbild der 7. Bayerischen Nachhaltigkeitstagung 2023 "Nachhaltigkeit in Zeiten knapper Kassen"

„Für Kommunen ist es wichtig, in einen entschiedenen Klimaschutz zu investieren“

Bei der 7. Bayerischen Nachhaltigkeitstagung im Würzburger Congress Centrum haben sich am Dienstag Engagierte aus dem ganzen Freistaat getroffen, um Erfahrungen auszutauschen. Im Fokus der Veranstaltung stand die Frage, wie man sich Nachhaltigkeit in Zeiten knapper Kassen bei den Kommunen leisten kann. Klare Worte gab es dazu zum Beispiel von Würzburgs Klimabürgermeister Martin Heilig: „Nachhaltigkeit ist kein Nice-to-have, es ist nichts, was wir später irgendwann machen können.“

Die Veranstalterinnen der Tagung, das Zentrum für nachhaltige Kommunalentwicklung in Bayern und RENN.süd (Regionale Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien) gemeinsam mit vielen Kooperationspartnern, suchten gemeinsam mit den rund 200 Teilnehmenden nach der richtigen Balance: zwischen den Katastrophenmeldungen und der Dringlichkeit, Klimaschutz und Klimaanpassungen anzugehen auf der einen Seite und einer positiven, motivierenden Vision auf der anderen Seite. Die Vorträge und interaktiven Programmpunkte der Tagung deckten beide Seiten ab.

Es ist für Kommunen weniger teuer, jetzt in Klimaschutz zu investieren

Eine Argumentations-Grundlage für die Dringlichkeit von Nachhaltigkeits-Maßnahmen lieferte die Umwelt-Ökonomin Dr. Alexandra Dehnhardt vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) Berlin. Sie stellte in ihrem Vortrag „Was uns die Folgen des Klimawandels kosten“ eine Studie des IÖW vom Frühjahr 2023 vor, in der direkte und indirekte Schäden des Klimawandels in Geldwerte umgerechnet wurden. Die Studie errechnete für die erfassbaren Extremwetterereignisse in Deutschland von 2000 bis 2021 eine Schadenssumme von insgesamt 145 Milliarden Euro. Durch rechengestützte Modelle wurde außerdem Szenarien ermittelt, wie hoch die volkswirtschaftlichen Folgekosten des Klimawandels bis 2050 ausfallen könnten: zwischen 280 und 900 Milliarden Euro. „Das zeigt: Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es in Zukunft sehr teuer und der Klimawandel kostet uns jetzt schon Milliarden“, fasste Dehnhardt zusammen. „Die Zahlen sprechen dafür, dass es sehr viel teurer wird, wenn wir jetzt nicht handeln.“ Für Kommunen sei es daher gerade angesichts knapper Kassen wichtig, in einen entschiedenen Klimaschutz zu investieren.

Diese Sichtweise vertritt auch Martin Heilig, der als Klimabürgermeister der Stadt Würzburg eingeladen war, seine Erfahrungen einzubringen: Für Nachhaltigkeits-Maßnahmen sei es entscheidend, die Menschen mitzunehmen und Ängsten und Desinformation etwas entgegenzustellen. Durch gelungene Kommunikation könne man vermitteln, welchen Nutzen Maßnahmen wie der Ausbau von ÖPNV oder Begrünung in der Stadt für die Menschen bringen. Zudem brauche es dringend eine Reform des Haushaltsrechts, so dass ein kommunaler Haushalt es erlaube, rentierliche Schulden zu machen: „Wenn wir jetzt unsere Schulen sanieren, haben wir in ein paar Jahren niedrigere Energiekosten“, sagte Heilig, „solche Schulden darf man nach aktuellem Recht aber nicht machen, wenn der Haushalt es nicht hergibt“.

Eine positive Vision regt zum Handeln an

In den Impuls-Vorträgen und einer Fishbowl-Diskussion, an der sich alle Tagungs-Teilnehmenden beteiligen konnten, kam mehrfach zur Sprache, wie wichtig es neben der Dringlichkeit der Lage sei, die Menschen durch eine positive Vision von der Zukunft zu einem nachhaltigeren Verhalten zu motivieren. Boris Lebedev vom Think Tank Reinventing Society erklärte, ein hilfreiches Konzept dafür sei die Realutopie – sie verbinde die Vision von einer guten Zukunft mit praktikablen Lösungsansätzen. Als ein Beispiel für eine positive Vision zeigte er Fotomontagen von deutschen Großstädten, die das Ergebnis der Verkehrswende und Begrünung der Innenstädte abbilden: Grüne Fassaden in Stuttgart oder ein Park mit Wasserspielplatz und Fahrrad-Highway am Münchener Siegestor.

Praktische Anregungen und Know-how für Kommunen und Engagierte

Viele Beispiele für existierende Projekte und Anregungen konnten die Tagungs-Teilnehmenden vom Zukunftsmarkt und Wandelplenum mitnehmen, einer kleinen Messe mit Kurzvorträgen und Raum für Gespräche. Dort war zum Beispiel zu erfahren, welche Biodiversitäts-Maßnahmen für Kommunen sich auch mit wenig Geld schnell umsetzen lassen oder wie Genossenschafts-getragene Initiativen Nachhaltigkeitsthemen umsetzen. Es stellten sich Initiativen, Vereine und Netzwerkstellen oder auch Unternehmen vor, die Lösungen wie ein nachhaltiges Hausaufgabenheft, einen Klimafonds für nachhaltige Projekte oder sozial-ökologische Investitions-Möglichkeiten präsentierten.

In den Workshops am Nachmittag vermittelten Expertinnen und Experten praxisnahes Fachwissen: Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen konnten sich darüber informieren, wie sich Kosten über den ganzen Lebenszyklus eines Produktes mit dem kommunalen Beschaffungs- und Vergaberecht kombinieren lassen und so zu nachhaltigeren Entscheidungen beitragen. In einem weiteren Workshop gab RENN.süd gemeinsam mit Kooperationspartnern Erfahrungen darüber weiter, wie sich Unternehmen schrittweise nachhaltig aufstellen können. Vertreterinnen des Landesamtes für Umwelt zeigten Interessierten anhand eines Praxisbeispiels, wie Kommunen ein Klimaanpassungskonzept erarbeiten und dabei die Bevölkerung einbeziehen können. Auch die Themen Wasserrückhalt in der Landschaft, das Konzept „Schwammstadt“ und Finanzierungsmöglichkeiten oder Resilienz gegen Klimaangst wurden vermittelt und diskutiert.

Die Tagung bot den Teilnehmenden, die von Vereinen, Verbänden, Initiativen und Kommunen aus Bayern kamen, vielfältige Möglichkeiten, sich miteinander zu vernetzen und Wissen auszutauschen. Zum Abschluss ermutigte Silke Timm von RENN-süd als Vertreterin der Veranstalter die Anwesenden, den Appell für eine bessere und motivierende Kommunikation über Nachhaltigkeit umzusetzen: „Wir müssen mehr darüber reden, was wir tun.“

Programm der 7. Bayerischen Nachhaltigkeitstagung 2023

Ihre Mitwirkung ist auf unseren Tagungen gefragt!

Die aktive Mitgestaltung der Bayerischen Nachhaltigkeitstagungen durch Nachhaltigkeitsakteur*innen aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft ist uns ein großes Anliegen. Entsprechende Möglichkeiten bieten der Zukunftsmarkt und das Wandelplenum sowie das offene Format „Open Space Spezial“, das in diesem Jahr erstmalig stattfindet.

Auch in den kommenden Jahren freuen wir uns über eine aktive Mitgestaltung vieler Akteur*innen!

Bayerische Nachhaltigkeitstagung 2019: Handeln für den Wandel; Aufnahme an einem Stand des Zukunftsmarktes: einige Menschen tauschen sich an einem Stand aus

Zukunftsmarkt

Auf dem Zukunftsmarkt im Foyer des Congress Centrum stellen sich Organisationen, Initiativen, Kommunen und Projekte vor, die in ihrem Tun die großen Zukunftsfragen aufgreifen und sich für einen Wandel hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft engagieren.

Auch in den kommenden Jahren können Sie sich wieder an unserem Zukunftsmarkt beteiligen. Wir halten Sie auf unserer Webseite auf dem Laufenden.

Wandelplenum

Im Wandelplenum stehen das gemeinsame Diskutieren, Entwickeln von Lösungsansätzen sowie das Werben von Mitstreiter*innen im Fokus: Eine konkrete Projektidee, Aktion oder auch Problemstellung wird durch Akteur*innen vorgestellt und mit den Besucher*innen bearbeitet. Das Wandelplenum findet in zwei Runden statt, so dass verschiedene Stationen „erwandelt“ werden können. In diesem Jahr sind die Plätze auf dem Wandelplenum begrenzt. Wir geben Ihnen Rückmeldung, ob Ihr Beitrag für das Wandelplenum ausgesucht wurde. Um eine Wandelplenumsstation anzubieten, wird ein Stand auf dem Zukunftsmarkt benötigt. Wenn Sie einen Stand auf dem Zukunftsmarkt gestalten, können Sie auch eine Wandelplenumsstation anbieten und sich unter diesem Link für beides bei uns melden.

 

Bayerische Nachhaltigkeitstagung 2022 Nachhaltigkeit und Klimaschutz – notwendiger denn je!: Teilnehmende sitzen in einem Stuhlkreis bei der Fishbowl-Diskussion. Es sind nur die Beine und Füße zu sehen.
Bayerische Nachhaltigkeitstagung 2022 Nachhaltigkeit und Klimaschutz – notwendiger denn je!: Teilnehmende schreiben auf runde Karten während eines Workshops

Open Space Spezial

Gelegenheit, ganz kurzfristig Ihre eigenen Themen und Anliegen einzubringen, bietet der „Open Space Spezial“. Diese können spontan am Veranstaltungstag eingebracht und in kleineren Kreisen diskutiert werden.

Fishbowl-Diskussion

Bei der "Fishbowl" handelt es sich um eine Methode der Diskussionsführung für große Gruppen. In der Mitte befindet sich eine festgelegte Anzahl an Stühlen. Die Diskussion beginnt mit einer Startbesetzung, welche im Laufe der Diskussion wechseln kann. Alle Teilnehmenden an der Tagung haben die Möglichkeit, Platz auf der freigegebenen Anzahl von Stühlen Platz zu nehmen, um sich aktiv an der Diskussion zu beteiligen. Durch dieses Verfahren ändert sich der "kreis" der Fishbowl im Laufe der Diskussion und neue Impulse aus dem Erfahrungsschatz der Teilnehmenden bereichern den Austausch. Wir laden Sie herzlich dazu ein, sich aktiv an der Diskussion zu beteiligen.

Bayerische Nachhaltigkeitstagung 2022 Nachhaltigkeit und Klimaschutz – notwendiger denn je!: Teilnehmende sitzen in einem Stuhlkreis bei der Fishbowl-Diskussion und tauschen sich aus

Veranstalter der Bayerischen Nachhaltigkeitstagung

Logo des Zentrums für nachhaltige Kommunalentwicklung in Bayern
Logo RENN.süd Regionale Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien
Logo LBE Landesnetzwerk bürgerschaftliches Engagement Bayern

Herzliche Einladung zur Preisverleihung des Projekts Nachhaltigkeit

Montag, 6. November 2023, 18:00 bis 20:00 Uhr

Congress Centrum Würzburg

Als „Projekt Nachhaltigkeit“ zeichnen die RENN (Regionale Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien) in Kooperation mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) Initiativen und Projekte aus, die sich mit herausragendem und wirksamem Engagement für eine nachhaltige Entwicklung in der gesamten Breite der Gesellschaft einsetzen.  

In der Kategorie N wurden Menschen gesucht, die den Nachhaltigkeitsgedanken leben, anpacken und Initiative zeigen, um globale Herausforderungen auf regionaler und lokaler Ebene zu lösen. 16 Preisträger*innen werden nun in regionalen Auszeichnungsveranstaltungen prämiert, die engagiert und kreativ den Grundstein für eine lebenswerte Zukunft legen.  

Wir gratulieren den vier Preisträger*innen 2023 aus Bayern und Baden-Württemberg:

Grafing Goes Green (München)

Verbrauchergemeinschaft Hamsterbacke (Bayreuth)

Sportvereinigung Feuerbach 1883 e.V. – Projekt klimafit (Stuttgart)

Klimaschutzagentur Mannheim gGmbH – nachhaltige Musterwohnung (Mannheim)

Außerdem zeichnen wir an diesem Abend den bayerischen Preisträger in der „Kategorie Foto“ aus. In dieser Kategorie wurden Bilder gesucht, die Perspektiven für eine nachhaltige Transformation beim Bauen und Wohnen aufzeigen – dem diesjährigen Schwerpunktthema des Gemeinschaftswerk Nachhaltigkeit.

Nach einem Eröffnungsstatement von Zarah Bruhn, Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung, Beauftragte für Soziale Innovationen im BMBF, Gründerin und Geschäftsführerin von socialbee, würdigen wir die Preisträger*innen! Im Anschluss laden wir herzlich ein zum Empfang, umrahmt von einer Ausstellung der Preisträger*innen.

Seien Sie gespannt auf die innovativen Ideen der Preisträger*innen und auf einen Abend im Zeichen von Vernetzung und Erfahrungsaustausch.

Herzliche Einladung!

Weitere Informationen zum Projekt Nachhaltigkeit finden Sie unter:

https://www.projektnachhaltigkeit.renn-netzwerk.de

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